Wirzwiese   

Ein digitaler Infopunkt des Heimatvereins "Alte Burg" Dreis-Tiefenbach e.V.   

    Inhalt vorlesen:   
Wirzwiese
Bewässerungsplan

Bis in die 1960er Jahre wurde die Sieg­aue inten­siv land­wirt­schaft­lich ge­nutzt. Dabei wurde auf die Vieh­halt­ung besonderer Wert gelegt. Durch die hier übliche Real­erb­teil­ung gab es prak­tisch aus­schließ­lich land­wirt­schaft­lichen Neben­erwerb. Es ent­stand eine klein­teilige Parzell­ierung, was eine rationelle Bewirt­schaft­ung erschwerte. Durch die Gründ­ung der Wiesen­verbände wurde eine groß­räumige Plan­ung möglich. Das betraf vor allem die Bewässer­ung der Tal­wiesen. Lehrer Hummitzsch schrieb 1897:

"Der Wiesenbau wird mit Vorliebe und großer Sorgfalt getrieben, sodaß er sich nach außen hin einen guten Ruf verschafft. Die Wiesen sind durchweg Riesel­wiesen und sind teils künst­liche, teils natür­liche. Letztere sind solche, deren Ober­fläche ohne erheb­liche Ver­änder­ungen durch bloße Ziehung der Zu- und Ab­leitungs­gräben zur Über­rieselung geeignet sind. Die künstlichen Wiesen lassen erst einen voll­ständigen Umbau der Ober­fläche zu. Nach Art der Wässer­ungsan­lagen unter­scheidet man Hang- und Rückenbau. Der Gras­bewuchs ist im all­gemeinen von ausge­zeichneter Güte, abgesehen von Huf­lattich, Kerbel und Herbst­zeitlose. Die meisten Wiesen können zweimal, einige nur einmal gemäht werden."

Hier, bei der Wirzwiese, handelte es sich um einen Rückenbau. Es wurde ein System von Zuleit­ungs­gräben und Ableit­ungs­gräben geschaffen. Dazu musste prak­tisch die ganze Wiesen­fläche in Rücken auf­geteilt werden. Auf der Höhe des Rückens verlief die Zuleit­ung. Von dort rieselte das Wasser gleich­mäßig nach unten zur Ableitung. Um eine Riesel­wiese richtig einzu­richten bedurfte es großer Kennt­nisse. In Siegen wurde 1853 die Wiesen­bau­schule gegründet. Sie diente auch dem Zweck Wiesen­bauer für andere Regionen Deutschlands auszu­bilden, weil die Erträge auf Riesel­wiesen weit über dem Durch­schnitt in Preußen lagen.
In der Karte sind noch Wehre dargestellt, die aber geschleift wurden, um die Lachswanderung zu ermöglichen. Unüblich ist die Orientierung der Karte nach Süden.
Die Rücken sind in dem Plan braun angelegt. Die Zuleitungen sind in Rot, die Ableitungen in Blau gezeichnet.

Der Plan für die Wirzwiese stammt aus dem Jahre 1924, das ist das Jahr nach der In­fla­tion. Die Wirt­schaft lag am Boden und es herrschte auch in Dreis-Tiefen­bach große Arbeits­losig­keit. Wahr­schein­lich war der Rückenbau in der Wirz­wiese auch eine Arbeits­beschaff­ungs­maßnahme für Arbeits­lose.

Seit den 1960er Jahren hat die Landwirtschaft in Dreis-Tiefen­bach kaum noch Bedeutung. Die Rücken und Gräben sind ver­fallen. Ledig­lich das Schütz zur Sieg ist zwischen Bäu­men und Sträu­chern zu erkennen.