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Die alte Siegbrücke
In alter Zeit ging ein Fernweg von Siegen nach Westfalen. Hier, im Ort Dreisbach, wurde die Sieg überquert. Erst im Jahre 1836 ist an der Stelle, wo heute noch die Straße über die Sieg führt, eine steinerne Brücke gebaut worden. Im Verlaufe der Kriegshandlungen wurde sie 1945 in den letzten Kriegstagen von der Wehrmacht gesprengt.

Bevor die Brücke gebaut wurde, querte eine alte Landstraße den Fluss mit einer Furt, etwa 100
Meter flussabwärts von der Brücke, etwa dort, wo heute der Fußgängersteg zur
Wernsbach ist. Die alte Straße verlief von Siegen über den Giersberg, querte in
Dreis-Tiefenbach die Sieg und bog in das Dreisbachtal. Über Herzhausen, Allenbach
ging es in Richtung Meschede nach Soest. Die Straße brachte Fuhrleute von weit her in
unseren Ort. Das fahrende Volk übernachtete gerne in einem der Dreisbacher Gasthäuser,
wovon die Wirte profitierten. Die Fuhrleute konnten immer das Neueste erzählen.
So war in Friedenszeiten die Straße ein Vorteil für den Ort. Anders war es in Kriegszeiten.
Dann zogen Kriegshaufen vorbei, die nicht selten Vieh stahlen und Gewalt ausübten.
Als eine Provinzialstraße von Siegen ins Lahntal gebaut werden sollte, gab es gegen den Plan,
diese Straße durchs Siegtal zu führen, im Amt Netphen großen Widerstand. Der Bau der Straße
erfolgte dann 1830 durch das Ferndorftal. Dadurch geriet das ganze Netpherland in eine Randlage.
Die 1839 erbaute Sieg-Lahn-Straße konnte den Nachteil etwas ausglei6shy;chen, aber die industrielle
Entwicklung blieb deutlich hinter dem Hüttental zurück. Erst durch den Bau der
Kleinbahn siedelten sich vermehrt Industriebetriebe an.
Der alte Backes
Am rechten Bildrand ist ein kleines Gebäude zu erkennen. Es ist ein Backhaus, „Backes“,
wie man hier sagt. 1562 wurde verfügt, dass in allen Dörfern aus Brandschutzgründen
öffentliche Backhäuser gebaut werden sollten. Diese standen meist etwas abseits der
Wohnbebauung. Das war auch hier der Fall. In Dreisbach gab es drei Backeser, in
Tiefenbach zwei. 1960 waren nur noch zwei betriebsbereit, darunter der im Bild, der
„Backes ah d'r Säj“.
Der Vorgänger stand 1905 dem Bau der Kleinbahn im Wege und so wurde
der neue ein Stück höher an der Böschung gebaut. Wilhelm Schäfer berichtet:
Zu jedem Backes gehörte eine Nachbarschaft. Gewöhnlich hatten zwei Nachbarn zusammen einmal wöchentlich ihren Backestag. Ein berufsmäßiger Bäcker war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Dörfern unbekannt. Der Brotteig wurde von den Hausfrauen bereitet. Da gab es Brot aus Roggenmehl. Für die Feiertage wurden Kastenkuchen gebacken aus Weizenmehl, von denen gewöhnlich einer Rosinen aufzuweisen hatte.
Im Herbst trocknete im Backes der Flachs und er wurde auch gleich an Ort und Stelle gebrochen und geschwungen. Dabei gab es fröhliche Stunden für jung und alt, die beliebten „Kaffeebrächen“. Auch Birnen wurden im Backofen zu Hutzeln und Hafer zu „Breimöhl“ getrocknet. Ohne Backes hätte es demnach keine Hafersuppe und auch keine Nachspeise gegeben. Der Gemeinde ersetzte der gute Backes das Obdachlosenasyl, denn fahrendes Volk, Mäckeser, Schirm- und Mannenflicker waren ständige Gäste, und so manch einer von ihnen hat im Backes das Licht der Welt erblickt.
Der Backes von 1905 hat nicht überlebt. Im Zuge von Straßenbaumaßnahmen ist er verschwunden, wie alle Backeser in Dreis-Tiefenbach. Vermisst werden sie mittlerweile nicht mehr.